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Der Tastsinn ist der ers­te Sinn, den wir noch vor der Geburt ent­wi­ckeln. Danach fol­gen Geschmacks- und Riechsinn sowie das Hör- und als letz­tes das Sehvermögen. Im Alter schwin­den die­se Sinne in umge­kehr­ter Reihenfolge: Erst brau­chen wir eine Brille, dann ein Hörgerät und irgend­wann schme­cken wir unser Essen immer schlech­ter. [1][2] Nur der Tastsinn bleibt uns bis zum Ende treu. Je älter wir wer­den, um so mehr schät­zen wir es, ande­re zu strei­cheln und Dinge zu berüh­ren. Es gibt uns das Gefühl der Realität – die wir über unse­re Sinne wahr­neh­men.

Die Wahrheit steckt in unseren Fingerspitzen

Durch das Berühren über­prü­fen wir, was uns die Augen und Ohren gemel­det haben. Darum wird der Tastsinn auch „Wahrheitssinn“ genannt. Dies führt dazu, dass wir im Sprachgebrauch vom „Verhören“ oder „Versehen“ spre­chen, aber nie vom „Verfühlen“. Wenn wir auf der Suche nach einer Lösung sind, „tas­ten wir uns vor­an“. Und wenn aus einer vir­tu­el­len Wahrnehmung oder einem Gedanken etwas Konkretes wird, dann spre­chen wir vom „Begreifen“ – es lässt sich etwas anfas­sen und wird damit für uns zur Realität. Genau die­ser Umstand führt auch dazu, dass alles, was hin­ter dem Glas von Monitoren und Displays statt­fin­det, für vie­le Menschen „nicht fass­bar“ ist. So kön­nen wir uns Horrorfilme im Fernsehen oder Kunststücke im Internet anse­hen ohne davon emo­tio­nal nach­hal­tig betrof­fen zu sein. Die Dinge „berüh­ren“ uns nur mäßig. Ähnliche Bilder auf der Straße vor unse­rem Haus beschäf­ti­gen uns deut­lich inten­si­ver und län­ger. Denn hier glau­ben wir, dass es real ist – da wir die Situation berüh­ren könn­ten. Ein Trick, den sich auch vie­le Magier zu nut­ze machen: Sie las­sen ihre Requisiten von Zuschauern anfas­sen und zei­gen damit, dass die­se real sind. So ist der Effekt, wenn dann aus einem Stein eine Taube wird, beson­ders beein­dru­ckend.

Multisensorik stimuliert das Denken

Hirnforschungen haben gezeigt, dass die Wahrnehmung über meh­re­re Sinne hin­weg („Multisensorik“) die Gehirnaktivität um das Zehnfache erhöht (pro zusätz­lich genutz­tem Sinn). Je mehr Sinne eine Situation anregt, um so stär­ker ist der Eindruck bei uns. Und wenn wir uns beim Lernen und Denken bewe­gen, spei­chert das Gehirn Informationen wesent­lich leich­ter.[3]

iCube für Ideenfindung und Innovation
Der iCube — mul­ti­sen­so­ri­sche Sichtbarmachung von Ideen und Innovation

Und es gibt noch einen wei­te­ren span­nen­den Aspekt: Der soge­nann­te Endowment-Effekt führt dazu, dass alles, was wir in Besitz neh­men, für uns an Wert gewinnt. Wenn wir etwas in die Hand neh­men, wird es in unse­rer Wahrnehmung wert­vol­ler [4]. Ein Effekt, den gute Verkäufer ver­wen­den, in dem sie uns die Ware in die Hände legen. Eine Probefahrt beim Autohändler dient aus Sicht des Händlers also dazu, dass Sie eine Bindung zum Wagen auf­bau­en – und weni­ger zum objek­ti­ven Prüfen des Bedienkomforts.

Digital reicht nicht

Die Haptik spielt in unse­rem Leben und in unse­rem Alltag eine wesent­li­che Rolle. Und die zuneh­men­de Digitalisierung und Virtualisierung führt dazu, dass wir uns um so mehr nach ech­tem Erleben seh­nen. Haben Sie bei­spiels­wei­se schon mal im Museum vor einem Ölgemälde gestan­den und bewun­dert, wie dick und kräf­tig die Pinselstriche sind? In einem sol­chen Moment möch­ten unse­re Finger über die Farbe strei­chen, um die­sen Eindruck zu prü­fen und die Oberfläche des Gemäldes zu berüh­ren. Dass wir das nicht dür­fen, emp­fin­den wir als Einschränkung und es schmä­lert unser Erleben. Denn wenn wir es dürf­ten, wür­de die sen­so­ri­sche Erfahrung zu einer ver­stärk­ten und nach­hal­ti­ge­ren Wahrnehmung des Gemäldes füh­ren.

Haptik für besseres Ideenmanagement

Für die Ideenfindung im Innovationsprozess hel­fen uns die geschil­der­ten Erkenntnisse sehr:

  1. Was man berüh­ren kann, wird eher akzep­tiert. Ideen, die bereits im frü­hen Stadium in Form von Modellen und hap­ti­schen Präsentationsformen kom­mu­ni­ziert wer­den, haben eine deut­lich grö­ße­re Chance auf Unterstützung. Auch eine Idee auf einem iCube oder FlowBoard erhält mehr Zustimmung, als bei rein digi­ta­ler Kommunikation.
  2. Das hap­ti­sche Erleben bei der Ideenfindung führt dazu, dass Gedanken nach­hal­ti­ger und emo­tio­nal stär­ker im Gehirn ver­ar­bei­tet wer­den. Hier spie­len die genutz­ten Innovationswerkzeuge und die Arbeitsumgebung eine ent­schei­den­de Rolle. So wird ein mul­ti­sen­so­ri­scher Ideen- und Innovationsraum die Ideenqualität und ‑aus­beu­te deut­lich erhö­hen.

Wie Sie hier­von bei der Ideenfindung in Ihrem Unternehmen pro­fi­tie­ren kön­nen, zei­gen wir Ihnen im nächs­ten Artikel – und ger­ne auch im per­sön­li­chen Gespräch.


Quellen:
[1] https://wpekorr.wikispaces.com/Entwicklung+der+Sinne+des+Ungeborenen
[2] https://www.salk.at/DMS/2–20091102-161435.pdf
[3] http://www.mpg.de/8930937/vokabel-lernen-gesten
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Endowment-Effekt

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