Schon wieder so ein blöder Arbeitstag heute? Lassen Sie uns raten: Eigentlich fing alles ganz gut an, doch dann hagelte es Kritik an dem Bericht, für den Sie gestern noch Zusatzschichten geschoben haben. Genau genommen geht es bei dieser Kritik um eine einzelne Passage, die sich leicht ändern ließe. Dennoch haben Sie nun das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben?
Herzlich willkommen in der schlimmsten aller Fallen: dem Negativity Bias. Er beschreibt die menschliche Tendenz, negative Erfahrungen und Ereignisse stärker wahrzunehmen und zu gewichten als Positives. Der Negativity Bias raubt nicht nur Motivation und Produktivität, er beeinflusst auch Entscheidungen und ganze Unternehmenskulturen.
Wir stellen Ihnen drei Strategien vor, mit denen Sie Ihre Wahrnehmung wieder entzerren – damit der Negativity Bias erst gar nicht zum Zug kommt.
Negative Erfahrungen führen zu einer Minderung des Selbstbewusstseins, zu erhöhter Angst vor Fehlern oder zu Stress und überzogenem Perfektionismus. Sie beeinflussen außerdem die Beziehungen zu Mitarbeitenden und Vorgesetzten.
Aber nicht nur die Selbstwahrnehmung leidet, wenn Fehler und Rückschläge stärker hervorgehoben werden als gute Leistungen. Der Negativity Bias kann auch dazu führen, dass wir andere auf ihre Misserfolge reduzieren und ihre Arbeit so herabwürdigen.
Das muss nicht passieren, und wird es auch nicht, wenn Fehler in der Unternehmenskultur ausdrücklich erwünscht sind. Etablieren Sie eine Fehlerkultur, die zum Ausprobieren einlädt. So fördern Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeitenden in das eigene Können und stärken den Mut zur Veränderung. Ganz nebenbei fördern Sie übrigens die Innovationsfreude im Unternehmen.
Auch vermeintlich dramatische oder peinliche Fehler passieren jedem mal. Das ist menschlich. Eine Unternehmenskultur, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, versucht nicht, den Fehler in den Vordergrund zu stellen. Sie sucht den Weg, ihn aus der Welt zu schaffen und die Möglichkeiten für alle, aus dem Fehler zu lernen.
Positive (Fehler)-Kommunikation beinhaltet konstruktive Kritik, aber sie prangert nicht an, sondern lässt Raum zur Reaktion. Wichtig: Sie muss zeitnah kommen und hilfreich sein.
Um dem Negativity Bias entgegenzuwirken, gibt es kaum eine wirkungsvollere Waffe als Lob. Denn Lob zeigt: Nicht (nur) Fehler werden gesehen und kommentiert. Sondern auch all die Dinge, die gut laufen und viel zu oft als selbstverständlich wahrgenommen werden.
Damit Lob sich positiv auf die Arbeitsmoral auswirkt, gibt es allerdings einige wenige Dinge zu beachten:
Nehmen wir mal an, Ihr Vorgesetzter hätte Ihnen Ihren Bericht mit knappen, lobenden Worten zum Inhalt, einem kurzen Dank für die geleisteten Überstunden und einem Vorschlag zur Verbesserung der kritisierten Passage zurückgegeben.
Dann hätten Sie das folgendermaßen wahrgenommen: „Ich habe alles richtig gemacht. An einer Stelle muss ich nachbessern, aber ich habe da schon eine gute Idee. Außerdem weiß mein Vorgesetzter, dass ich Überstunden gemacht habe und mich einsetze. Ich fühle mich gesehen, wertgeschätzt und motiviert, weiter gute Arbeit zu leisten.“
Der Blickwinkel kann die Wahrnehmung einer Sache eben ziemlich verändern. Und auch ein verzerrter Blick lässt sich mit einfachen Perspektivwechseln geraderücken.
Warum gewichten wir negative Erfahrungen überhaupt stärker als positive? Der Negativity Bias wird oft mit dem evolutionären Vorteil erklärt: Zum Überleben ist es wichtiger, schnell auf Gefahren zu reagieren, als nach positiven Erfahrungen zu streben. Er ist also ein Alarmmechanismus des Gehirns.
Er lässt sich mithilfe von MRTs belegen. Forschende haben außerdem herausgefunden, dass Frauen tendenziell stärker davon betroffen sind als Männer, und dass schon Säuglinge ab dem Alter von 3 Monaten stärker auf negative Reize reagieren.
(Quelle: Norris, C. J. (2019). The negativity bias, revisited: Evidence from neuroscience measures and an individual differences approach. Social Neuroscience, 16(1), 68–82. https://doi.org/10.1080/17470919.2019.1696225)
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