Wenig Wachstum, hohe Zinsen, fehlende Perspektiven: Die Krisenstimmung ist in deutschen Unternehmen längst angekommen. Selbst dort, wo von Krise eigentlich noch nicht die Rede sein kann, spüren Angestellte Verunsicherung. Führungskräfte neigen in dieser Situation dazu, in alte, autoritäre Führungsmuster zu verfallen.
Eine neue Studie belegt: Schnelle Entscheidungen und fehlender Austausch sind der falsche Weg, der Krisenstimmung zu begegnen. Wir erklären, warum das so ist und wie Sie aus der Krise finden, ohne wichtige Transformationsprozesse über Bord zu werfen.
In schwierigen Zeiten greifen Führungskräfte gerne auf altbekannte Handlungsmuster zurück. Ad-hoc-Sparpläne oder aus dem Boden gestampfte Restrukturierungen geben das Gefühl von Kontrolle und Sicherheit zurück – und sie helfen vielleicht sogar, wenn auch wohl eher kurzfristig.
Die Abwendung vom Transformationsprozess ist eine Art Reflex: je schwieriger die Zeiten, desto stärker werden autoritäre Führungsmethoden reaktiviert.
Der Think Tank Next Work Innovation (NWI) und Netzwert Partner haben in einer wissenschaftlich begleiteten Studie untersucht, wie Arbeitnehmer auf Krisen reagieren. 49 Prozent der Befragten sahen in ihrem Unternehmen eine allgemeine Krisenstimmung, obwohl nur 36 Prozent ihr Unternehmen als akut von der Krise betroffen bezeichneten. 62 Prozent vertreten die grundsätzliche Haltung, dass es in Krisenzeiten autoritärere Führung braucht. Allerdings unterscheiden sich abgesehen von dieser Grundhaltung, die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Führungskräften deutlich.
Aber: Das, was Führungskräften vermeintliche Sicherheit zurückgibt, sorgt bei Angestellten für das exakte Gegenteil. In Krisenzeiten wünschen sie sich keine autoritäre Führung, sondern klare Leitlinien, Struktur und soziale Regeln, innerhalb derer sie selbstverantwortlich und zielgerichtet handeln können.
Aktionismus von Führungskräften verunsichert, weil er willkürlich erscheint. Und das Gefühl, selbst keinen Einfluss auf die Situation mehr zu haben, lässt Angestellte ohnmächtig zurück. Eine denkbar schlechte Situation. Menschen verarbeiten Krisen schließlich besser, wenn sie selbst gegen die Krise aktiv werden können.
Vorgesetzte wirken durch autoritäre Handlungen also sogar eher weniger souverän. Und noch ein Problem kommt dazu: Erfahren die Mitarbeitenden zu viel Verunsicherung, wenden sie sich innerlich vom Unternehmen ab. Kein Wunder: Die Anzahl innerer Kündigungen ist aktuell auf Rekordniveau.
Dazu kommt: Transformation dient nicht dazu, Angestellte zufriedenzustellen. Primär hilft sie dabei, wettbewerbsfähig zu bleiben. Agilität hat keinen Selbstzweck, sie beschleunigt die Arbeit und unterstützt wichtige Prozesse in Unternehmen. Die komplexen Probleme, die die Digitalisierung mit sich bringt, lassen sich nur mit vielen selbstverantwortlich handelnden Mitarbeitenden meistern.
Klar: Es braucht kein Bällebad im Büro, aber Arbeit braucht Sinn – und den findet man nur bedingt unter autoritärer Führung. Organisationsentwicklung und Transformation dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie müssen in Einklang gebracht werden.
Eine Zukunft ohne Krisen ist unwahrscheinlich, aber Unternehmen können sich so aufstellen, dass nicht jede Krise sie direkt ins Mark trifft. Wichtiger als schnelle Antworten, die die Belegschaft in Unsicherheit zurücklassen, ist: Zuversicht.
Statt aktionistisch zu handeln, was langfristig Sicherheit und Vertrauen bei den Angestellten schmälert, haben Manager daher in der Krise, strategische Klarheit und Zuversicht zu vermitteln. Das und die Möglichkeit zur Mitbestimmung gibt Mitarbeitenden Sicherheit zurück.
Mit Optimismus findet es sich leichter aus der Krise als mit Pessimismus. Ihn zurückzufinden ist sicher nicht leicht – und dafür braucht es strukturelle Veränderungen, klare Ziele und ein modernes Verständnis von Führung. Vor allem braucht es aber Menschen, die bereit sind eine neue Form von Verantwortung zu übernehmen. Eine, die auch die Bereitschaft zum Kontrollverlust beinhaltet.
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