Wissen Sie, was alle Fußballtrainer gemeinsam haben? Vor wichtigen Spielen beschwören sie den Teamgeist. Das ist ein mitunter recht sprunghaftes Wesen, das für Erfolg, aber auch für Misserfolg verantwortlich gemacht werden kann. Ist der Teamgeist gut, stellen sich in der Regel Erfolge ein. Fehlt er, wird es schwer mit dem Toreschießen.
Tauschen wir das Fußballteam mal gegen ein beliebiges Unternehmen aus – und den Teamgeist gegen die Unternehmenskultur. Das Unternehmen sucht per Stellenanzeige einen neuen Marketing-Direktor und wird auch schnell fündig. Der Kandidat scheint bestens geeignet, wirkt dynamisch und stressresistent, hat Führungserfahrung und bringt Bestnoten in Ausbildung und Studium mit. Auch im Vorstellungsgespräch wirkt er souverän. Alles scheint zu passen. Doch wenige Monate später wird der Vertrag wieder aufgelöst. Was ist passiert?
Aus dem Fußball mag Ihnen so etwas bekannt vorkommen. Da werden hervorragende Trainer schon nach drei Niederlagen gefeuert und hoffnungsvolle Supertalente landen auf der Bank. Natürlich ist der Fußball ein anderes Geschäft. Aber was dort medienwirksam passiert, passiert auch hinter den Türen vieler Firmen. So wie in unserem Beispiel-Unternehmen und seinem Marketing-Direktor.
Nach seiner Einstellung gibt es im Team schnell Frust: Der Neue ist ein Einzelgänger, bricht Entscheidungen übers Knie und hält sich nicht an bewährte Arbeitsabläufe. Darunter leidet die Stimmung – und letztendlich die Produktivität.
Auch der Neue ist nicht zufrieden. Er bekommt nicht den Handlungsspielraum, den er gerne hätte und sieht in seinem Team zu wenig Eigeninitiative, Begeisterungsfähigkeit und Bereitschaft zur Veränderung.
Kurzum: Die Differenzen sind zu groß, die Arbeitsweisen gehen zu sehr auseinander. Der Kandidat war zwar auf dem Papier bestens geeignet, ist aber kein „Cultural Fit“, wie man im New-Work-Jargon sagen würde. Oder, mit den Worten des Fußballmanagers: Der Teamgeist fehlt.
Während fehlendes Fachwissen relativ leicht erarbeitet werden kann, wird es auf anderer Ebene schwierig: Wer sich nicht mit den Werten der Unternehmenskultur identifiziert, im Team eine Rolle einnehmen muss, die nicht mit der eigenen Arbeitsweise harmoniert oder immer wieder aus persönlichen Gründen mit Kollegen aneinandergerät, kann fachlich zwar höchst kompetent sein. Er wird aber nie die Leistung bringen, die von ihm erwartet wird.
Natürlich kommt es deshalb nicht immer zu unüberbrückbaren Differenzen. Dennoch dürfen Personaler sich bei der Auswahl von Mitarbeitern nicht auf Fachkompetenz verlassen. Langfristig sind gemeinsame Wertevorstellungen wichtiger. Denn sie können nicht über Fortbildungen wettgemacht werden.
Neun von zehn Personalentscheidern geben in einer Studie der Personalberatung Cubiks an, schon Kandidaten aufgrund ihrer Persönlichkeit abgelehnt zu haben.
Doch wie findet man wirklich geeignete Kandidaten? Zunächst müssen sich Unternehmen die eigene Kultur klar machen. Was sind Werte, Visionen, Normen und gemeinsame Ziele? Wie ist die Arbeit organisiert, welche Freiheiten und welche Grenzen gibt es? Wie ist der Umgangston, wie sind die allgemein akzeptierten Regeln und Gepflogenheiten?
Im zweiten Schritt gilt es im Vorstellungsgespräch auszuloten, welche Vorstellungen ein Kandidat hat. Gehalt und Dienstwagen oder flache Hierarchien und flexible Arbeitszeitmodelle sollten dabei zwar angesprochen werden, aber nicht entscheidend sein.
Wichtiger sind gezielte Fragen nach Arbeitssituationen. Finden Sie heraus, wie der Bewerber tickt. Ist er offen für Neues oder beharrt er eher auf Altbewährtem? Braucht er eher Anleitung oder Gestaltungsspielraum – und was passt besser zu dem Team, in dem er arbeiten soll? Sind Sie im klassischen Einzel- und Doppelbüro-Modus oder hat sich Ihre Bürokultur zu offenen Räumen und flexibleren Teams hin entwickelt? Letzen Endes entscheidet oft das Bauchgefühl – und dann ist auch diese Frage erlaubt: Würde ich der Person, die mir gegenübersitzt, in der Kantine aus dem Weg gehen oder mit ihr essen?
Je größer die Überschneidungen persönlicher Wertvorstellungen mit denen des Unternehmens und der Kollegen sind, desto mehr profitiert die Unternehmenskultur. Eine starke Unternehmenskultur wiederum sorgt für Erfolg und Produktivität, sowie daran gekoppelt für Zufriedenheit, Gesundheit und eine langfristige Bindung von Arbeitnehmern im „war for talents“.
Dass nur ein eingespieltes, harmonierendes Team in der Lage ist, dauerhaft überragende Leistung zu zeigen, ist längst nicht mehr nur Fußballtrainern klar 🙂
Wenn wir die Räume und Zonen für Teams konzipieren, sprechen wir im ersten Schritt mit möglichst vielen Menschen im Unternehmen. Dabei lernen wir viel über die Kultur, die in jeder Firma anders ist. Und die Mitarbeiter erkennen, was sie an der eigenen Kultur schätzen und was sie verändern möchten. Das ist die Grundlage, um gemeinsam eine Arbeitswelt zu entwickeln, die eine passende Veränderung im Miteinander und der Kommunikation schafft. Und diese Veränderung im Handeln sorgt dann für eine Veränderung der Kultur. Idealerweise hin zu einer Ideenkultur 🙂
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