Wie gut kennen Sie Ihre Macken? Und wie steht es um die Ihrer Kollegen? Lassen Sie uns raten: Die haben viel mehr seltsame Charaktereigenschaften als Sie selbst. Das Problem ist nur: Das denken Ihre Kollegen auch von Ihnen.
Der Unterschied zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung ist eines der größten Probleme in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Insbesondere dann, wenn es in den Bereich des blinden Flecks geht. Dort tummeln sich all die Charaktereigenschaften, die Ihnen selbst verborgen bleiben, während sie für andere allzu offensichtlich sind.
Haben Sie unterbewusste Vorurteile, die sich in Ihrem Sprachgebrauch ausdrücken? Senden Sie durch Ihre Körpersprache Signale aus, die dem widersprechen, was Sie sagen? Haben Sie Schwächen, die Sie selbst nicht kennen, anderen aber sehr bewusst sind?
Der blinde Fleck fördert Missverständnisse und ruft Konflikte hervor. Das Johari-Fenster schafft Abhilfe. Wie es funktioniert, erklären wir in diesem Artikel.
Stellen Sie sich Ihre Persönlichkeit wie ein Fenster mit vier Glasscheiben vor. Im linken Flügel sind all die Eigenschaften beheimatet, die Ihnen bekannt sind, im rechten die Ihnen noch unbekannten.
Oben stehen die Dinge, die andere über Sie wissen. Links alles, was Sie als öffentliche Person auszeichnet, etwa, dass Sie ein Morgenmensch sind, im Urlaub immer wandern gehen und Ihren Tee mit Milch trinken. Rechts ist Ihr blinder Fleck.
Im unteren Bereich des Fensters befinden sich auf der linken Seite Ihre Geheimnisse, also der Teil Ihrer Persönlichkeit, den Sie bewusst nicht mit anderen teilen. Rechts stehen die Dinge, die weder Sie selbst noch andere wissen. Nennen wir sie Ihre schlummernden Talente.
Das Johari-Fenster wurde bereits in den 1950er-Jahren entwickelt. Seine Erfinder, die US-amerikanischen Sozialpsychologen Joseph Luft und Harry Ingham, gingen davon aus, dass zwischenmenschliche Kommunikation unter einer zu großen Differenz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung leide und von einer Angleichung profitieren würde. Das Johari-Fenster kommt bis heute sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext zum Einsatz.
Schema:
Das Johari-Fenster kann zum Einsatz kommen, wenn die zwischenmenschliche Kommunikation im privaten oder beruflichen Kontext verbessert werden soll, etwa, weil es in einer Gruppe häufig zu Missverständnissen kommt. Voraussetzung ist die Bereitschaft zu kontinuierlicher (Selbst-)Reflexion, zu Ehrlichkeit und Kritikfähigkeit.
Ziel der Übung ist, durch Feedback aus der Gruppe oder durch Selbstreflexion einen bestimmten Teil des Fensters größer werden zu lassen. Weil das Fenster insgesamt immer die gleiche Größe hat, wird damit automatisch ein anderer Teil kleiner. Klar: Etwas, das preisgegeben wird, ist fortan kein Geheimnis mehr.
Soll die Kommunikation verbessert werden, muss der blinde Fleck verkleinert werden. Soll das Vertrauen im Team gestärkt werden, wird meist gleichzeitig die öffentliche Person gestärkt. Und je kleiner die Bereiche des Unbekannten und des blinden Flecks werden, desto mehr psychologische Sicherheit erfahren Einzelpersonen.
Der Einsatz des Johari-Fensters setzt Grundvertrauen voraus. Schließlich müssen die Teilnehmer bereit sein, etwas von sich selbst preiszugeben. Und schonungslose Ehrlichkeit kann auch sehr verletzen. Insbesondere im beruflichen Kontext ist konstruktives, sachliches Feedback daher immens wichtig. Und es muss regelmäßig erfolgen. Je öfter das Johari-Fenster angewandt wird, desto besser werden die Ergebnisse.
Ehrlichkeit ist der einzige Weg, echtes Vertrauen aufzubauen. Und letzteres ist Grundlage von funktionierenden Teams. Selbstverständlich ist es aber nicht – und schon gar nicht muss es von Anfang an vorhanden sein. Aber die Reflexion lohnt sich. Die Macken Ihrer Kollegen lassen sich schließlich viel leichter ertragen, wenn Sie mal mit ihnen darüber sprechen – und am Ende idealerweise gemeinsam darüber lachen können.
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