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Stellen Sie sich mal vor, Sie müss­ten für 30 Minuten auf eine Bühne gehen, um einen Saal vol­ler Menschen zu unter­hal­ten (ohne vor­ab ein­stu­dier­tes Programm). Das wäre, auch für rou­ti­nier­te­re Witzeerzähler und extro­ver­tier­te­re Persönlichkeiten unter Ihnen ver­mut­lich recht schwer. Zum Alleinunterhalter sind die wenigs­ten gebo­ren.

Würden wir Sie gemein­sam mit einer Improvisations-Theatergruppe auf die Bühne schi­cken, sähe die Sache wohl schon anders aus. Das liegt nicht (nur) an der ein­ge­spiel­ten Truppe, mit der Sie dann spie­len wür­den, son­dern schlicht dar­an: Kreativsein und ‑wer­den ist im Team viel leich­ter.

Das gilt nicht nur bei Bühnenshows, son­dern auch im Büro. Warum das so ist, wie ein krea­ti­ves Team funk­tio­niert und wie man das per­fek­te Kreativteam auf­stellt, erklä­ren wir Ihnen in die­sem Artikel.

Das einsame Genie ist ein Mythos

Wenn wir von krea­ti­vem Potenzial spre­chen, mei­nen wir meist indi­vi­du­el­le Kreativität – also die Fähigkeit des Individuums, unkon­ven­tio­nell zu den­ken. Kein Wunder. In unse­rem kol­lek­ti­ven Bewusstsein ist der Mythos vom ein­sa­men Genie, das dank Geistesblitz Bahnbrechendes erfin­det, schließ­lich tief ver­an­kert.

Tatsächlich aber sind und waren die größ­ten Erfindungen – ob nun Motorflugzeug, E‑Mail oder Mountainbike – stets das Resultat eines län­ger­fris­ti­gen Prozesses, an dem weit mehr Menschen betei­ligt waren als die spä­ter dafür geprie­se­nen.

  • Die Erfindung des Motorflugzeugs wird den Brüdern Orville und Wilbur Wright zuge­schrie­ben. Tatsächlich waren sie wohl die ers­ten, die ihr Flugzeug tat­säch­lich in die Luft beka­men. Sie waren aber kei­nes­falls die ein­zi­gen, die um die Wende zum 20. Jahrhundert am Motorflugzeug tüf­tel­ten. Es darf davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass vor­her­ge­hen­de Versuche und Fehlversuche ande­rer Flugpioniere sie zusätz­lich „beflü­gel­ten“.
  • Ray Tomlinson erfand die E‑Mail gemein­sam mit sei­nem Team, das eigent­lich einen ande­ren Auftrag hat­te. Nämlich, ein System zur Datenübertragung für das ame­ri­ka­ni­sche Verteidigungsministerium zu ent­wi­ckeln. Die E‑Mail lös­te ein Problem, auf das das Team wäh­rend sei­ner Arbeit stieß: Wie konn­te man brief­ähn­li­che Nachrichten in einem Computersystem ver­wal­ten?
  • Das Mountainbiken geht auf drei Kalifornier zurück: Joe Breeze, Gary Fisher und Charles Kelly. Sie als die Erfinder des Mountainbikes zu bezeich­nen ist nicht ganz kor­rekt – denn sie sind viel­mehr die Begründer einer Vision. Ihre ers­ten selbst zusam­men geschraub­ten Mountainbikes waren nach einer Abfahrt oft schon schrott­reif und sind mit den heu­ti­gen Rädern kaum zu ver­glei­chen. Doch weil auch ande­re die Idee auf­grif­fen und sie stets wei­ter­ent­wi­ckelt wur­de, gibt es das Mountainbike wie wir es heu­te ken­nen.

Die tat­säch­lich hin­ter die­sen Erfindungen ste­cken­den, lan­gen Prozesse beschreibt der Kreativitätsforscher Keith Sawyer, der als Professor für Bildungsinnovationen an der US-ame­ri­ka­ni­schen University of North Carolina lehrt, in sei­nem Buch „Group Genius: The Creative Power of Collaboration“. Er sagt: Kreativität ist immer kol­lek­tiv.

Soll hei­ßen: Selbst, wenn Sie unter der Dusche eine bril­lan­te Idee haben, ist das nicht allein Ihr Verdienst, son­dern zu einem Großteil das des krea­ti­ven Potenzials in Ihrem Umfeld. Der Geistesblitz trifft nicht aus hei­te­rem Himmel, son­dern ist das Resultat einer frucht­ba­ren Zusammenarbeit mit ande­ren – im krea­ti­ven Team.

So funktioniert ein kreatives Team

Für Unternehmen ist die­se Erkenntnis in mehr­fa­cher Hinsicht rele­vant. Zum einen kommt es bei der Personalauswahl weni­ger auf die indi­vi­du­el­le Kreativität an als viel­mehr auf per­sön­li­che Erfahrungen und Talente, die die Belegschaft berei­chern.

Zum ande­ren, hat die­se Erkenntnis für die Zusammensetzung von Teams eine enor­me Bedeutung. Zu vie­le Köche ver­der­ben bekann­ter­ma­ßen den Brei – wenn Sie also einen neu­en ent­wi­ckeln möch­ten, reicht einer. Das heißt aller­dings noch lan­ge nicht, dass der allei­ne dar­an arbei­ten soll­te.

Gute krea­ti­ve Teams sind in punk­to Fachwissen, Interessen und Talente sehr breit auf­ge­stellt. Die Diversität unter­stützt den Kreativprozess, weil jedes ein­zel­ne Teammitglied die Dinge aus einem ande­ren Blickwinkel betrach­ten kann.

Wenn Sie also nur Köche an den Brei las­sen, bekom­men sie auch nur einen (im bes­ten Fall lecke­ren) Brei. Wenn Sie dar­über hin­aus Ökotrophologen, Lebensmittelchemikerinnen und Marketingexpertinnen dazu holen, bekom­men Sie einen Verkaufsschlager (hof­fen wir doch).

Der Koch muss dabei akzep­tie­ren kön­nen, dass ein ande­res Teammitglied es unter Umständen bes­ser weiß oder kann. Auch das ist ein nicht uner­heb­li­cher Anteil am Erfolgsrezept von guten krea­ti­ven Teams: Ihre Mitglieder ste­hen sich nicht auf­grund per­sön­li­cher Eitelkeiten gegen­sei­tig im Weg son­dern kön­nen akzep­tie­ren, dass es manch­mal bes­ser ist, Aufgaben abzu­ge­ben.

Das größ­te Potenzial krea­ti­ver Teams liegt aller­dings dar­in, dass sie in der Lage sind, Ideen wei­ter­zu­den­ken und neue Inspiration aus den Ideen ande­rer zu zie­hen. Als Apple das iPhone auf den Markt brach­te, gab es schon längst Smartphones.

Dennoch war das iPhone kei­nes­falls eine Kopie des Blackberrys. Es war die (im Nachhinein) logi­sche Weiterentwicklung einer revo­lu­tio­nä­ren Idee.

Manchmal tau­chen in die­sem Prozess gegen­sei­ti­ger Inspiration sogar wei­te­re Probleme auf. Falls ja: Bestens! Denn das ist die idea­le Grundlage für bahn­bre­chen­de Neuerungen. Die E‑Mail etwa wäre nie erfun­den wor­den, wenn Ray Tomlinson und sein Team sich strikt an ihre Anweisung gehal­ten hät­ten, ein System zur Datenübertragung für das ame­ri­ka­ni­sche Verteidigungsministerium zu ent­wi­ckeln.

Theater im Büro? Gut so!

Diversität und geball­te Fachkompetenz sind die Grundsteine guter krea­ti­ver Teams. Damit (evtl. wild) zusam­men­ge­wür­fel­te Gruppen letz­ten Endes auch gemein­sam krea­tiv wer­den kön­nen, müs­sen sie frei­lich erst ein­mal zuein­an­der fin­den.

Ähnlich wie die Mitglieder einer Improvisations-Theatergruppe müs­sen sie dar­auf ver­trau­en kön­nen, dass alle den­sel­ben roten Faden ver­fol­gen, sich zuhö­ren, und ein­grei­fen, wenn einer mal nicht mehr wei­ter­weiß. Dafür braucht es nicht zuletzt gutes Teambuilding. Wie das funk­tio­niert, lesen Sie hier: Spielerisch ein­ge­spielt. Die bes­ten Spiele fürs Teambuilding

Gemeinsam ein Improvisationstheater auf die Beine zu stel­len, wäre übri­gens auch eine ziem­lich gute Idee fürs Teambuilding…

Buchtipp:
Keith Sawyer: Group Genius: The Creative Power of Collaboration

Das große Handbuch Innovation: 555 Methoden und Instrumente für mehr Kreativität und Innovation im Unternehmen von Benno van AerssenDetails zum Buch