Können Sie sich vorstellen, was ein Auszubildender seinem 30 Jahre älteren Chef beibringen könnte? Uns fallen da eine ganze Reihe Dinge ein: Digitale Kommunikation, Online-Marketing, New Work, Social Media, Medienkompetenz, Software, Apps – bieten Sie mehr?
Wenn wir an Mentorenprogramme denken, nehmen dabei in der Regel ältere Kollegen jüngere an die Hand, um Fachwissen zu vermitteln und Erfahrungen weiterzugeben. Doch auch junge Menschen verfügen über wertvolles Wissen. Da liegt es doch auf der Hand, auch sie als Mentoren einzusetzen.
Immer mehr Unternehmen entdecken das Konzept des Reverse Mentoring für sich. Dabei lernen etwa Abteilungsleiter von Auszubildenden und alte Hasen von Quereinsteigern – oder eben: die Alten von den Jungen. Wir erklären, wie das geht und warum davon alle profitieren.
Junge Arbeitnehmer haben gegenüber ihren älteren Kollegen einen klaren Vorteil. Sie sind mit der Digitalisierung groß geworden. Als Digital Natives kennen sie die Herausforderungen und Probleme ihrer Zeit. Sie können älteren Kollegen aber nicht nur bei Technikfragen helfen.
Sie haben außerdem einen besseren Zugang zu neuen, jüngeren Zielgruppen und treiben durch ihr Streben nach Veränderung automatisch Innovationsprozesse voran. Sie sind nach ihrer Ausbildung oder einem abgeschlossenen Studium in ihren Fachgebieten auf dem neuesten Stand.
Und sie bringen neue Ansprüche in Bezug auf die Arbeit mit. Wer diesbezüglich auf sie hört, bleibt wettbewerbsfähig und steigert seine Attraktivität als Arbeitgeber.
Reverse Mentoring findet idealerweise im Tandem statt, also in Teams aus zwei Personen die sich austauschen oder an einem gemeinsamen Projekt arbeiten.
Sympathie sollte bei der Zusammenstellung der Teams eine Rolle spielen, damit bei den Älteren nicht die Angst entsteht, sie könnten durch jüngere Kollegen bloßgestellt werden.
Weil ältere Kollegen in der Hierarchie oft weiter oben stehen als junge und das zu unangenehmen Situationen innerhalb einer Abteilung führen kann, können Tandems abteilungsübergreifend zusammengestellt werden. So fördern Sie gleichzeitig den innerbetrieblichen Austausch.
Die Lernpartner legen selbst fest, wie oft sie sich sehen. Sie können sich in festen Abständen treffen, an einem gemeinsamen Projekt arbeiten oder spontan austauschen. Das hängt nicht zuletzt vom gesetzten Ziel ab: Ist der junge Mentor z.B. jemand, der einen älteren Kollegen bei Technikfragen unterstützt, kommen die Fragen tendenziell häufiger spontan.
Dennoch sind regelmäßige Treffen hilfreich. Das können gemeinsame Mittagessen sein, aber auch Reviews und Feedbackgespräche, die die Zusammenarbeit und Wünsche der Partner thematisieren.
Weil nicht alle Menschen als Mentoren geboren werden, bietet es sich an, interessierten jungen Menschen Fortbildungen zum Thema zu ermöglichen oder mindestens Leitlinien aufzustellen, die von allen Mitarbeitern eingesehen werden können.
Reverse Mentoring fördert die Zusammenarbeit und stärkt den Zusammenhalt im Team, schafft Verständnis zwischen Generationen, bietet neue Lernmöglichkeiten und -erfahrungen und fördert ganz nebenbei das Kreativpotenzial im Unternehmen.
Wer darauf setzt, spart außerdem Zeit und Geld für externe Weiterbildungen, Seminare oder Workshops. Sind die Tandems gut zusammengestellt, findet die Wissensvermittlung zudem viel gezielter und problembezogener statt.
Auch die jungen Mentoren profitieren: Sie verbessern ihre Social Skills, knüpfen neue Kontakte, erlangen höhere Sichtbarkeit im Unternehmen und kriegen Zugang zur Führungsebene.
Kompetenz und Wissen haben heute nur noch wenig mit dem Alter zu tun. Das liegt vor allem daran, dass Arbeitsanforderungen sich immer schneller verändern und Unternehmen sich anpassen müssen. Schon allein deshalb sollten Wissensvermittlung und dauerhaftes Lernen institutionalisiert in den Arbeitsalltag integriert werden.
Reverse Mentoring ist nur ein Teil dieser neuen Lernkultur. Aber es bietet optimale Voraussetzungen für Unternehmen, zukunftsfähig zu bleiben.
Übrigens: Junge Arbeitnehmer können nicht nur ihre älteren Kollegen coachen. Sie eignen sich auch bestens als Mentoren für Neueinsteiger und Auszubildende.
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