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Warum die 4-Tage-Woche unumgänglich ist

1. Februar 2024

Die Stahlindustrie steht für Berufseinsteiger nicht ganz oben auf dem Wunschzettel. Zwar ist der vermummte Arbeiter, der am Hochofen für wenig Geld seine Gesundheit und Sicherheit riskiert, schon längst nicht mehr typisch für die Branche. Aber Attraktivität sieht anders aus.

Das ist ein riesiges Problem. Eines, mit dem nicht nur die Stahlindustrie zu kämpfen hat. Sondern auch – sagen wir mal, die Deutsche Bahn auf der Suche nach Lokführern oder die Kommunen auf der Suche nach Personal für Kindertagesstätten im ganzen Land, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Nun könnte die Stahlindustrie in Zukunft deutlich interessanter für Fachkräfte werden. Denn die IG Metall hat bereits im letzten Jahr angekündigt, eine 4-Tage-Woche einführen zu wollen. In diesem Jahr soll die Forderung der Gewerkschaft wohl verhandelt werden.

Das ist bemerkenswert, weil in der Branche zahlreiche Unternehmen vertreten sind, in denen die 4-Tage-Woche auf den ersten Blick vielleicht nicht so leicht umzusetzen ist wie in anderen Branchen.

Aber es zeigt: Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit ist möglich – und sie ist für alle Branchen sinnvoll.

Das spricht für eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit

Rund 75 Prozent der deutschen Arbeitnehmer wünschen sich eine 4-Tage-Woche. Einige von ihnen sind sogar bereit, dafür finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen. Das ist wenig überraschend, denn das Arbeitspensum hat sich seit der Jahrtausendwende in den allermeisten Jobs enorm verdichtet.

Der technologische Fortschritt verspricht Besserung, KI unterstützt in vielen Bereichen, doch ohne den Menschen als Kontrollinstanz geht es nicht – ob nun in der Kreativbranche, im Bankenwesen, im Handwerk, in der Medizin oder der Pflege. Die Arbeitsbelastung ist so hoch wie schon lange nicht mehr.

Das endet nicht selten im Teufelskreis: Hohe Belastung führt zu hohen Krankenständen, das wiederum zu Personalnotständen und noch höherer Belastung der verbliebenen Kollegen. Es leiden Gesundheit, Produktivität, Kreativität und letztlich die Attraktivität von Arbeitgebern.

Studien belegen eindrucksvoll, dass die 4-Tage-Woche diese Probleme lösen kann. Denn das Mehr an Freizeit schlägt sich in erhöhter Motivation und Produktivität nieder, gleichzeitig sind Mitarbeiter, die weniger arbeiten, seltener krank. Außerdem sind sie leichter zu finden und länger treu.

Die 4-Tage-Woche darf nicht zu einer weiteren Verdichtung der Arbeit führen. Deshalb ist das in Belgien bereits vielfach praktizierte Modell, 40 Arbeitsstunden auf vier Arbeitstage zu verteilen, nicht zielführend. Denn: Mit der Länge des Arbeitstages sinkt die Produktivität. Eine echte 4-Tage-Woche sieht eine Reduzierung der Arbeitsstunden bei gleichbleibendem Gehalt vor.

Und was, wenn physische Präsenz notwendig ist?

Aber was ist mit all jenen, die in Berufen arbeiten, die physische Präsenz voraussetzen, weil immer jemand da sein muss? Was ist mit dem Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen, mit Lehrerinnen oder Erziehern, die ohnehin ständig unterbesetzt sind? Mit den Lokführerinnen und Stahlarbeitern?

Wie soll es erst werden, wenn alle diese Arbeitskräfte ganz regulär nur noch vier Tage in der Woche im Dienst sind und offene Stellen infolge des Fachkräftemangels nicht mehr besetzt werden können?

Es würde besser. Denn die Ursachen für die Überlastung ließen sich mit der Reduzierung der Wochenarbeitszeit leicht bekämpfen: Weniger Arbeit führt zu Entlastung der Arbeitnehmer und damit zu einer deutlichen Reduzierung der Krankheitstage. Gleichzeitig steigert die Herabsetzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich die Attraktivität der genannten Berufe.

Zeit, in die Zukunft zu schauen

Während in Bürojobs, in der Kreativbranche oder vergleichbaren Berufen immer mehr Aufgaben digitalisiert und von KIs übernommen werden, Meetings verkürzt, Aufgaben umverteilt und Arbeitszeiten verhältnismäßig leicht verkürzt werden können, ist das in anderen Branchen schwieriger.

Doch früher oder später müssen auch diese Branchen sich mit dem Thema beschäftigen. Denn die Fachkräfte der Zukunft sitzen schon lange am längeren Hebel. Also: Machen Sie sich attraktiv. Machen Sie den Freitag zu dem, was er seinem Namen nach ist: Ein freier Tag.

 

Zum Weiterlesen:

Wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber von der 4-Tage-Woche profitieren und was bei der Einführung zu beachten ist: Nie mehr Montag

Warum weniger Arbeit besser ist und mehr bringt: Sechs Stunden reichen

Welche anderen Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit es gibt und wie Flexibilität für eine bessere Work-Life-Balance sorgt: Flexibilität ist mehr als Gleitzeit

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