Wer zu oft Pause macht, hat ein Konzentrationsproblem. Wer zu lange Pause macht, ist faul. Wer nie Pause macht, hingegen äußert engagiert. Stimmt das? Natürlich nicht. Doch diese Annahmen sind absurderweise in den Köpfen vieler Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch immer fest verankert.
Wahr ist tatsächlich das:
Wer viele Stunden am Stück ohne Unterbrechung arbeitet, wird unkonzentriert und macht mehr Fehler. Wer seinem Gehirn keine Erholung gönnt, arbeitet langsam und trifft schlechte Entscheidungen. Und wer immer beschäftigt an seinem Schreibtisch sitzt, ist schnell permanent erschöpft. Das belegen unzählige Studien. Wer es genauer wissen will: Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat rund 130 Studien dazu ausgewertet.
Pausen sind keine Freizeit, sondern eine Ergänzung der Arbeit. Wer seinem Gehirn regelmäßig Ablenkung gönnt, steigert die Produktivität, die Zufriedenheit und die Kreativität. Durch Pausen holt man anschließend mehr Zeit auf, als man in sie investiert. Und deshalb sollten Pausen nicht nur selbstverständlich zum Arbeitsalltag gehören, sondern auch bezahlt werden.
Das Recht auf Pausen ist gesetzlich verankert. Das deutsche Arbeitsrecht definiert sie als eine Unterbrechung der Arbeit. Die Definition stammt aus einer Zeit, in der Fließbandarbeit körperliche Erholung notwendig machte, während der die Arbeitnehmer nichts produzieren konnten.
Das Gesetz sieht bei einem Arbeitspensum von täglich sechs bis neun Stunden einen Anspruch auf 30 Minuten Ruhepause vor. Ab neun Stunden sind es 45 Minuten. Von einer Bezahlung dieser Pausen ist nicht die Rede. Wohl aber davon, dass die Pause am Stück genommen werden soll, bei Bedarf aber in Abschnitte von je 15 Minuten aufgeteilt werden darf.
Studien zufolge lässt rund ein Viertel aller Arbeitnehmer diese Pause regelmäßig freiwillig ausfallen, die Hälfte hin und wieder. Das führt dazu, dass mehr gearbeitet wird als vertraglich vorgesehen – und somit zu einer großen Menge unbezahlter Überstunden.
Das klingt aus Arbeitgebersicht vielleicht erstmal super. Doch aus arbeitspsychologischer Sicht ist es Unsinn. Unternehmen profitieren nicht, wenn Mitarbeiter ein solches Verhalten zeigen und die Mitarbeiter selbst schon gar nicht. Sie sind müde, überarbeitet, gestresst und unproduktiv. Denn das Gehirn nimmt sich die Pausen, die es braucht. Egal, wie sehr wir versuchen, uns zu konzentrieren.
Wer die Arbeit regelmäßig unterbricht, kommt dem Bedürfnis des Gehirns zuvor und wird belohnt: Mit weniger Stress, größerer Motivation, mehr Leistungsfähigkeit und nicht zuletzt einem Plus an Kreativität. Auch wenn Sie scheinbar komplett abschalten, arbeitet das Gehirn nämlich weiter. Es stellt z. B. neue Verknüpfungen her, was mitunter zu ziemlich guten Ideen führen kann.
Arbeitnehmer profitieren davon ebenso wie Arbeitnehmer. Ergo: Pausen sollten kein Bonus sein, sondern ein selbstverständlicher Teil der Arbeit, der ebenso selbstverständlich vom Arbeitgeber bezahlt wird. Er bekommt im Gegenzug ein Plus an Leistung.
Die ideale Pause hat wenig mit dem gemein, was gesetzlich vorgeschrieben ist. Arbeitspsychologen sind sich einig, dass es deutlich sinnvoller ist, viele kleine Pausen und wenige längere zu machen als den Arbeitsplatz nur einmal täglich für einen längeren Zeitraum zu verlassen.
Die Faustregel lautet: Auf jede Stunde Arbeitszeit sollten über den Tag verteilt ca. 15 Minuten Pause kommen. Spätestens alle 90 Minuten sollte die Arbeit dabei unterbrochen werden. Wenn der Kopf schon angefangen hat zu rauchen, ist es zu spät, denn dann setzt der Zustand der Erschöpfung ein.
Wer normalerweise sitzt und am Computer arbeitet, sollte sich bewegen und das Smartphone auf keinen Fall mitnehmen. Wer viel mit Kunden arbeitet, zieht sich vielleicht lieber alleine zurück und wer in seinem Job viel steht, legt am besten die Beine hoch.
Grundsätzlich funktionieren Pausen dann am besten, wenn sie ein echtes Kontrastprogramm zur Arbeit bieten. Wenn Sie gemeinsam mit Ihren Kollegen Pause machen, sollten Sie deshalb auch nicht über Arbeitsthemen reden.
Haben Sie ein komisches Gefühl dabei, Ihre Mitarbeiter fürs Nichtstun zu bezahlen? Dann können wir Ihnen versichern: Die Hürde ist rein psychologisch. Pausen sind kein Zeichen von Desinteresse oder Faulheit, sondern von Fürsorge, und die „verlorene“ Zeit wird durch die gesteigerte Produktivität mehr als ausgeglichen.
Führungskräfte sollten bei der Etablierung einer neuen Pausenkultur unbedingt mit gutem Beispiel voran gehen und selbst Pausen einlegen, bzw. ihre Teams dazu motivieren.
Wir machen jetzt auch mal kurz Pause – und Sie?
P.S. Wenn wir wieder da sind, erklären wir Ihnen gerne, wie gute Arbeitsumgebungen Pausen noch effektiver machen. Neugierig? Dann schauen Sie doch in der Zwischenzeit mal hier vorbei: Raum für Veränderung.
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